Fachschaft Philosophie
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Kurse der Sommerakademie 2010

Reinhardt Brandt

Im Vordergrund der gemeinsamen Lektüre soll Kants Traktat „Zum ewigen Frieden“ (1795) stehen. Der Text findet noch heute international Beachtung, er ist kurz und kann problemlos insgesamt diskutiert werden, die Verständnisfragen können sich auf historische Sachverhalte und systematische Zusammenhänge beziehen. Zur Vorbereitung ist einerseits das Studium des Textes von Kant selbst wichtig, es gibt weiter den entsprechenden „Klassiker auslegen“-Band von Otfried Höffe (Akademie-Verlag 1995) und meine Interpretation, die ich mitsende (erweiterter Vortragstext der Kant-Tagung Pisa im Mai 2010, unfertig). Ich versuche, die Beweisstruktur der Definitiv-Artikel freizulegen und gehe dazu ausführlich auf die Metaphysik der Sitten (1797) ein. Das gehört zur internen Struktur einer philosophischen Schrift und kann so einführen in eine Eigentümlichkeit der älteren Philosophie, die heute meistens vernachlässigt wird. Der letzte Teil meines Vortrags befaßt sich mit der Frage, ob die Rechtspflicht des „Ewigen Friedens“ nicht eine Erweiterung mit sich führt: Die Pflicht, die Subsistenzgrundlagen künftiger Generationen nicht zu vernichten. Es soll erörtert werden, ob diese Erweiterung möglich oder gar notwendig ist. Ich denke, daß das Letztere der Fall ist.

Rolf-Peter Horstmann

Welche Aufgaben man der Philosophie zuweist, hängt natürlich davon ab, was für einen Philosophie-Begriff man hat. In dem Kurs werden primär sogenannte ‚kontinentale‘ Standpunkte in Sachen Philosophie diskutiert werden, die vom 18. (Kant) bis zum 20. Jahrhundert (Heidegger) erwogen worden sind. Vor dem Hintergrund dieser Auffassungen können dann die Aufgaben der Philosophie unter grob drei Gesichtspunkten betrachtet werden:

1) Aufgaben der Philosophie als ‚Wissenschaft‘ (Kant: Kritik der reinen Vernunft; Hegel: Differenzschrift; Heidegger: Was ist Philosophie?)

2) Aufgabe der Philosophie als Universitätsdisziplin (Kant: Streit der Fakultäten; Schelling: Methode des akademischen Studiums; Fichte: Bestimmung des Gelehrten (1794), Deducirter Plan einer in Berlin zu errichtenden Hochschule; Nietzsche: Zukunft der Bildungsanstalten).

3) Aufgaben der Philosophie in Politik und Gesellschaft (Hegel: Rechtsphilosophie; Fichte: Bestimmung des Menschen; Husserl: Krisis der europäischen Wissenschaft; Heidegger: Rektoratsrede).

Natürlich können auch andere Texte und Themen zur Sprache kommen. Die Teilnehmer sollten sich allerdings vor Beginn der Veranstaltung darüber verständigen (und mich wissen lassen).

Hannes Leitgeb

Wir werden uns damit beschäftigen, wie die Philosophie mit den „exakten Wissenschaften“ interagiert, welche Rolle die Philosophie in der Entwicklung der Mathematik, der Naturwissenschaften und der Kognitionswissenschaften im 20. Jahrhundert gespielt hat, und wie umgekehrt die Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Philosophie dieselbe verändert hat. Dazu werden wir uns zunächst mit dem Philosophie-Verständnis des logischen Empirismus und speziell Rudolf Carnaps auseinandersetzen und dazu einige Originalquellen studieren (Rudolf Carnap, Alfred Tarski, Gottlob Frege, Bertrand Russell und mehr). Im Anschluß daran werden wir uns auszugsweise zwei modernen Werken zuwenden, die in recht unterschiedlicher Weise über Philosophie philosophieren: Einerseits Michael Friedmans Dynamics of Reason (Stanford: CSLI Publications, 2001) und andererseits Timothy Williamsons The Philosophy of Philosophy (Oxford: Blackwell, 2007). Schließlich werden wir einige aktuelle Strömungen behandeln, die für das Arbeiten von vielen jungen Philosophen an der Schnittstelle zu den exakten Wissenschaften charakteristisch sind (wissenschaftliche Philosophie, mathematische Philosophie, naturalisierte Philosophie, experimentelle Philosophie, …).

Christof Rapp

In dem Kurs sollen verschiedene praktische Aufgaben der Philosophie nach dem Verständnis antiker Philosophen behandelt werden. Während wir heute die Philosophie in erster Linie als eine akademisch betriebene Disziplin verstehen, wurden der Philosophie in der Antike noch andere Aufgabenbereiche zugeschrieben, die auch das außer-akademische Leben betrafen. Einige dieser Aufgaben, die die Philosophie in der Antike hatten, sind heute klarerweise obsolet, einige andere könnten auch heute noch – in einem veränderten Kontext – von Bedeutung sein.

In der Antike wurde die Philosophie besonders auch als eine besondere Art der Lebensführung angesehen; dies schließt theoretische Betrachtungen über das Gelingen des Lebens und über die richtige Lebensführung mit ein, meint aber zugleich auch, dass die Tätigkeit des Philosophierens – auch das Philosophieren über theoretische Gegenstände – eine eigentümliche und besonders erstrebenswerte Lebenspraxis darstellt. Dass die Philosophie einen anderen „Sitz im Leben“ hatte als die moderne akademische Philosophie, zeigt sich u.a. auch an der von Philosophen beanspruchten Zuständigkeit für die Erziehung der Bürger in einer Polis und für eine pädagogisch motivierte Bewertung von Dichtung, Musik und Redekunst. Ebenso geht das Verständnis der Philosophen als Berater der politisch Mächtigen auf die Antike zurück. Eine weitere Aufgabe der antiken Philosophie, die im modernen Kontext weitgehend verloren scheint, bestand darin, Menschen im Anbetracht schwerer Schicksalsschläge oder im Anbetracht des Todes Trost zu spenden. Platon geht sogar soweit, die Philosophie als eine Art von Einübung auf den Tod zu verstehen.

Der Kurs wird sich auf diese – im weitesten Sinn – praktischen Aufgaben der antiken Philosophie konzentrieren. Neben antiken Texten sollen moderne Autoren gelesen werden, die beanspruchen, die genannten lebenspraktischen Aufgaben der antiken Philosophie auch für ein modernes Umfeld aktualisieren zu können.

Antike Texte, die behandelt werden sollen:

Platon, Phaidon (Auszüge)
Epiktet, Epicheiridion
Seneca, Epistulae Morales (Auszüge)
Epikur (Brief an Menoikeus, verschiedene Fragmente)
Boethius, Trost der Philosophie (Auszüge)
Platon, Politeia III-IV (Auszüge)
Aristoteles, Nikomachische Ethik X, 6-9
Stoa, Ausgewählte Fragmente

Moderne Autoren, die behandelt werden sollen:

Michel Foucault
Pierre Hadot
Wilhelm Schmid


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